Das Geographische Institut der Universität zu Köln war zum wiederholten Male Gastgeber der Jahrestagung des 1996 gegründeten Arbeitskreises Südostasien in der Deutschen Gesellschaft für Geographie. Zum 21. Mal kamen am 14. und 15. November 2014 rund 30 Wissenschaftler in Köln zusammen, um aktuelle Forschungsarbeiten aus der Region Südostasien insbesondere aus Vietnam, Myanmar und Indonesien vorzustellen und zu diskutieren. Traditionsgemäß wurde insbesondere auch Promovierenden Raum gegeben, um ihre Dissertationsprojekte zu präsentieren. Der Vortrag von Franziska Sohns, Doktorandin am Geographischen Institut der Universität zu Köln, stellte Ergebnisse zur ökonomischen Vulnerabilität von Haushalten im ländlichen Vietnam in Krisenzeiten vor. Zwei am gastgebenden Institut tätige Doktoranden aus Vietnam, Thi Xuan Thu Nguyen und Hung Nguyen Trung, trugen zur Internationalität der Tagung bei und gaben Einblicke in ihre Forschung zum Wandel der Entwicklungstrajektorien der Industrie im Delta des Roten Flusses und zu Entwicklungstrends im nicht-landwirtschaftlichen Sektor im ländlichen Vietnam. Alle drei genannten Doktoranden werden von Prof. Dr. Javier Revilla Diez betreut. Die Rolle Vietnams als Spieler im Streit um das Südchinesische Meer wurde von Paul Loboda, Doktorand bei Prof. Dr. Detlef Briesen an der Justus-Liebig-Universität Gießen, beleuchtet und in einen übergeordneten geopolitischen Zusammenhang gestellt.
Ein theoriegeleiteter und zugleich sehr anschaulicher Vortrag von Prof. Dr. Christoph Antweiler von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, zum Thema „Areas revisited@Southeast Asia“ warf die Frage auf, welche Alternativen es heute zu Area-Konzepten gibt. Dr. Matthias Garschagen von der United Nations University Bonn, gab einen kurzen Bericht zum Stand des TWIN-SEA-Networks, in dessen Rahmen gegenwärtig neue Möglichkeiten wissenschaftlicher Kooperation in den Themenfeldern Disaster Risk Reduction und Climate Change Adaptation in Südostasien etabliert werden. Die Teilnahme von sechs Wissenschaftlerinnen aus Myanmar, die im Kontext von gemeinsamen Forschungsprojekten mit Prof. Dr. Frauke Kraas für z.T. mehrere Monate in Köln zu Gast waren, stellten eine besondere Bereicherung für die Veranstaltung dar. Durch sie wurde der inoffizielle Themenschwerpunkt der Tagung auf gegenwärtige Entwicklungen in Myanmar gerückt. Den Einstieg übernahm Frau Prof. Dr. Frauke Kraas, die nach einem zweijährigen Aufenthalt als Gastprofessorin an der University of Yangon ihre Einschätzungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse zum gegenwärtigen Stand des Transformationsprozesses teilte. Eine Analyse der Produktivität der Kautschukfarmer im Kyarinnseikkyi Township, Kawkareik Distrikt, Kayin Staat, wurde von Dr. Khin Khin Soe von der University of Yangon vorgestellt. Hlaing Maw Oo und Aye Aye Myint vom Department of Human Settlements and Housing Development des myanmarischen Bauministeriums präsentierten in ihrem Vortrag „Heritage of Yangon/Myanmar“ eine umfassende Bestandsaufnahme des Kulturerbes der einstigen Hauptstadt und problematisierten den Umgang mit diesem Erbe im gegenwärtigen Reformprozess des Landes. Auch Prof. Dr. Su Su von der Mandalay Technological University gab Einblicke in Myanmars reiches kulturelles Erbe mit ihrer Darlegung der Bemühungen um die Nominierung der historischen Städte der Pyu zum UNESCO-Weltkulturerbe, die im Juni 2014 die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes erbrachten.
Ein weiteres Thema, das deutlich im Kontext der Öffnung des Landes steht, wurde von Dr. Zin Nwe Myint präsentiert, die in ihrer Forschung Potentiale der Entwicklung eines dringend notwendigen nachhaltigen Tourismus in der Region Taunggyi identifiziert, in der eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Landes, der Inle See, gelegen ist. Der Zusammenhang von Kunsthandwerk und Kulturerbe in Myanmar wurde von Sandar Win vom Department of Human Settlements and Housing Development des myanmarischen Bauministeriums in einem weiteren hochaktuellen Vortrag dargestellt. Auch aktuelle Themen aus Indonesien waren unter den Vorträgen vertreten. Barbara Beckert und Jonas Hein von der Georg-August-Universität Göttingen stellten Erkenntnisse aus ihren Dissertationsprojekten im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 990 “Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme (Sumatra, Indonesien)“ zu Landnutzungskonflikten an der voranschreitenden Grenze der Palmölproduktion in Jambi zur Diskussion. Ein weiteres Thema mit Indonesienbezug wurde von dem an der Universität zu Köln ansässigen Doktoranden Thomas Neise erörtert, der sich mit der Anpassung von Firmen an Naturgefahren als Teil regionaler ökonomischer Resilienz beschäftigt.
Die traditionelle Exkursion während der Tagung stellte dieses Jahr das informelle Wohnen ins Zentrum: Das „Paradies am Eifelwall“, eine Brache nahe des Geographischen Instituts, die über viele Jahre hinweg vom Künstler Rolf „Ketan“ Tepel und weiteren KollegInnen als kreativer Raum und Heimat alternativer Lebensentwürfe in Wert gesetzt worden ist, soll zukünftig zum Standort des neuen Archivs der Stadt Köln werden. Der Besuch im „Paradies“ verdeutlichte eindrucksvoll, wie Informalität an unerwarteten Orten im Kölner Alltag existiert und die Brisanz konfligierender Nutzungsansprüche und Landnahme nicht nur auf Metropolen des Globalen Südens beschränkt ist. Den Abschluss der Konferenz bildeten Danksagungen der Sprecher des Arbeitskreises, Prof. Dr. Frauke Kraas und Prof. Dr. Javier Revilla Diez. Nach zwei sehr lebendigen Tagen wissenschaftlicher Diskussion zu Forschungsthemen in der Region Südostasien und intensivem persönlichen Austausch zwischen den internationalen Teilnehmenden während des Rahmenprogramms der Tagung wurde zudem die nächste, 22. Jahrestagung des Arbeitskreises Südostasien, für den 26.-28. Juni 2015 festgelegt. Gastgeber wird dann Dr. Helmut Schneider an der Universität Duisburg-Essen sein.
Gerrit Peters, Frauke Kraas, Javier Revilla Diez